Sick Building Syndrome (SBS)

Beim so genannten sick-building-syndrome (SBS) entwickeln Beschäftigte in neu gebauten, neu bezogenen oder renovierten Gebäuden zahlreiche unspezifische Symptome, für die es keine objektiven Ursachen gibt. Denn in der Regel liegen die Belastungen mit Schadstoffen unterhalb der Grenzwerte – auch sind Belastungen durch Klimafaktoren nicht feststellbar. Trotzdem reichen die Symptome von Irritationen der Augen sowie der Schleimhäute der Nase und des Rachens über Beklemmungsgefühle in der Brust, Hautreizungen, Geruchs- und Geschmacksstörungen, Antriebslosigkeit und Müdigkeit bis zu anhaltenden Kopfschmerzen.

Die Illustration zeigt eine Büroangestellte vor einem Drucker stehend. +
Quelle: Birte Cordes/GDA Psyche


Die Beschwerden treten nicht bei allen Beschäftigten auf – zudem gibt es auch hinsichtlich der Stärke große interindividuelle Unterschiede. Daher liegt immer der Verdacht nah, dass es sich bei den Beschwerden um ein rein psychologisches Phänomen handelt. Diese Erklärung alleine greift allerdings zu kurz – das sick-building-syndrome wird vielmehr durch das komplexe Zusammenspiel chemischer, organisatorischer und psychologischer Ursachen bedingt. Daher sind zur Klärung der Sachverstand mehrerer Professionen nötig. Dies ist zudem notwendig, um eventuell vorhandene objektive Belastungen ausschließen zu können.

Vom sick-building-syndrome spricht man, wenn in einem Gebäude mindestens 20 Prozent der Beschäftigten Symptome ausbilden und diese beim Verlassen des Gebäudes verschwinden oder sich mindern. Gleichzeitig sind in Messungen keine deutlichen Expositionen gegenüber einzelnen Stoffen oder Faktoren nachweisbar.

Als Ursache von SBS werden meist leicht flüchtige organische Substanzen genannt (VOC), die in sehr geringen Konzentrationen vorhanden sind, zum Beispiel Formaldehyd, Ozon und Kohlenstoff, Lösemittelgemische aus Möbeln, Druckern, Klebemitteln und Farben. Untersuchungen haben ergeben, dass bei einer Konzentration der VOC bis zu 25 mg pro m3 Luft im Regelfall keine Leistungseinschränkungen auftreten, wohl aber Irritationen von Schleimhäuten der Augen und des Rachens und subjektiv empfundene Einschränkungen des Wohlbefindens. In höheren Konzentrationen haben VOC eine leicht toxische und sedierende Wirkung, diese führt zu schwachen zentralnervösen und vegetativen Veränderungen, die zu einer (minimalen) Minderung der Reaktionszeit, des Konzentrationsvermögens und des Kurzzeitgedächtnisses und zu unspezifischen Symptome führen können.

Die Wahrnehmung dieser VOC löst nun einen Kreislauf aus: Durch den wahrgenommenen Geruch und die Reizung der Schleimhäute wird eine schlechte Luftqualität vermutet, verbunden mit häufigem Kompensieren wie dem Befeuchten der Lippen, Hüsteln etc. Es entsteht ein Eindruck der Unbehaglichkeit.

Einige Personen reagieren besonders empfindlich und artikulieren dies. Das beeinflusst weitere Personen in ihrer Empfindlichkeitsschwelle und löst bei diesen ähnliche Beeinträchtigungen aus. Dies gilt insbesondere für Personen, die bereits (Halb-)Wissen über die Wirkung von Schadstoffen haben. Dadurch haben sie ein differenziertes Erwartungsmuster über deren Wirkung. Das Erwartungsmuster wird anderen mitgeteilt und führt bei diesen zu den erwarteten Störungen.

Ein ähnlicher Mechanismus gilt für besonders ängstliche Personen. In Experimenten zeigte sich, dass es bei sehr geringen Schadstoffkonzentrationen einen höheren Zusammenhang zwischen der Schadstoffwirkung und der Ängstlichkeit der Person gibt als zwischen Schadstoffwirkung und -konzentration.

Text: Dr. Torsten Kunz

Handlungsmöglichkeiten:
Das können Sie konkret tun

Bei der Lösung eines SBS-Problems ist es notwendig, ein interdisziplinär zusammengestelltes Team einzusetzen.

Wichtig ist zunächst der Nachweis, dass es in dem Gebäude objektiv keine Belastung durch Schadstoffe und durch ungünstige Klimafaktoren gibt – beispielsweise durch Messungen von verdächtigen Größen wie Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Keimzahlen (bei Klimaanlagen) und Inhaltsstoffe von Farben und Klebern (bei neuen Anstrichen respektive frisch verlegten Teppichen). Hier reichen zunächst orientierende Messungen, an deren Durchführung die Beschäftigten beteiligt werden sollten. Finden sich im Rahmen der orientierenden Messungen Hinweise auf Probleme, ist eine exakte Probenahme und Analytik notwendig.

Sinnvoll sind auch eine medizinische Abklärung bei Personen mit Beschwerden und die ergonomische Überprüfung der Arbeitsplätze (z.B. Standort von Bildschirmen, Beleuchtung, Sitzposition). Ergeben sich hier keine objektivierbaren Belastungen, sind psychologische Analysen und eine psychologische Betreuung der Betroffenen sinnvoll. So kann per Fragebogenaktion versucht werden, das Problem regional (in welchen Räumen treten die Belastungen auf?) oder zeitlich (wann?) einzugrenzen, um sich dann auf die besonders belasteten Bereiche zu konzentrieren.

Die besonders betroffenen Bereiche sollten nicht nur hinsichtlich der Beschwerden und vermuteten Belastungen, sondern auch hinsichtlich der Akzeptanz der mit dem Neu- oder Umbau verbundenen Veränderungen untersucht werden. Hier findet sich oft der Schlüssel zur Lösung des SBS-Problems.

Besser ist es allerdings, es gar nicht erst zu einen SBS kommen zu lassen. Somit ist bei Neu- und Umbauten auf folgende Faktoren zu achten:

  • Frühzeitige Beteiligung der Beschäftigten an der Konzeption des Baus und regelmäßige Information während der ganzen Bauphase,
  • Sicherung des größtmöglichen Einflusses der Beschäftigten auf die Regelung von Klima und Beleuchtung am Arbeitsplatz (z.B. natürliche Belüftung, regulierbare Heizungen, regulierbare Beleuchtung),
  • Wenn möglich, Verzicht auf zentrale Klimaanlagen,
  • Auswahl der Baustoffe – insbesondere der Bodenbeläge – hinsichtlich ihrer Schadstofffreiheit und
  • Einplanung einer "Ausdünstzeit" vor Bezug.